Bericht der WZ 2009

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Wenn Strapazen Balsam für die Seele werden

 Wolnzach (WZ) Zugegeben: Ein verlängertes Wochenende könnte gemütlicher verlaufen als das vergangene. Vor allem weniger anstrengend, mit mehr Schlaf und weniger Muskelkater als Nachwehen. Aber eines ist sicher: Kaum ein anderes Wochenende könnte bereichernder sein, eindrucksvoller und besser geeignet, um den "inneren Akku" aufzuladen – trotz körperlicher Strapazen. Ein Widerspruch und zugleich das Geheimnis der Hallertauer Fußwallfahrt, das nur der zu ergründen vermag, der einmal die 115 Kilometer von Wolnzach nach Altötting hinter sich gebracht hat. So wie die 1725 Pilger bei der 49. Hallertauer Fußwallfahrt, die am Sonntag glücklich zu Ende gegangen ist.

Bild: Wenn Strapazen Balsam für die Seele werden .  Wolnzach (WZ) Zugegeben: Ein verlängertes Wochenende könnte gemütlicher verlaufen als das vergangene. Vor allem weniger anstrengend, mit mehr Schlaf und weniger Muskelkater als Nachwehen. Aber eines ist sicher: Kaum ein anderes Wochenende könnte bereichernder sein, eindrucksvoller und besser geeignet, um den \

Aber eines ist sicher: Kaum ein anderes Wochenende könnte bereichernder sein, eindrucksvoller und besser geeignet, um den "inneren Akku" aufzuladen – trotz körperlicher Strapazen. Ein Widerspruch und zugleich das Geheimnis der Hallertauer Fußwallfahrt, das nur der zu ergründen vermag, der einmal die 115 Kilometer von Wolnzach nach Altötting hinter sich gebracht hat. So wie die 1725 Pilger bei der 49. Hallertauer Fußwallfahrt, die am Sonntag glücklich zu Ende gegangen ist.

Ein Umstand machte es heuer besonders leicht, sich mit dem berühmten "Wallfahrervirus" infizieren zu lassen: die Sonne, die die Pilger verwöhnte und manchmal sogar zu sehr wärmte. Geradezu "ein Traum" war für die Wallfahrer das Bilderbuch-Herbstwochenende. Da wird Pilgern zum Naturerlebnis: Dazu gehört, jeden einzelnen Meter der langen Strecke durch eine wunderschöne, hügelige Landschaft zu Fuß zu erobern und die gelben Rapsfelder, frisch gepflügten Äcker und grünen Wiesen viel intensiver wahrzunehmen als bei einer Autofahrt. Dazu gehört auch, in eisiger Nachtluft um 4.30 Uhr eine neue Tagesetappe zu beginnen – wie heuer ab Neumarkt-St. Veit unter einem hell leuchtenden Vollmond – und den Sonnenaufgang zu verfolgen. "So etwas müsste man öfter machen", meinte eine Pilgerin, "aber man tut es halt nicht". Das gilt auch für das ausdauernde Marschieren: "Auf einer privaten Wanderung würde ich jetzt keinen Schritt mehr tun", wunderte sich ein Pilgerneuling nicht nur einmal während der drei Tage. Zu Recht: Die drei Tagesetappen mit 50, 38 und 27 Kilometern bei einem strammen Marschtempo bringen nicht nur Beschwerden, sondern viele Wallfahrer auch an ihre Grenzen: Bei dem einen sind es die Gelenke, der andere läuft sich gleich mehrere Blasen, ein dritter kämpft mit seiner verkrampften Wade. Dass man es trotzdem immer weiter schafft, ist das Verdienst der Gemeinschaft: Gespräche, Lachen, Scherzen mit alten und neuen Pilgerbekannten helfen über so manchen steilen Berg oder aus einem körperlichen Tief und lenken von schmerzenden Füßen ab. Nicht zu vergessen das Beten und Singen: Auf den 115 Kilometern werden viele Marienlieder angestimmt und noch mehr "Gegrüßet seist du Maria" gesprochen – und mit jedem "Gsatzerl" ist wieder ein Stück der Strecke geschafft. Viele Wallfahrer, ob jung oder alt, tragen dabei ihr ganz privates Anliegen, ihre Sorgen und Nöte zur Gottesmutter von Altötting. Mancher einer geht aus einem besonderen Anlass mit, mancher auch, um Danke zu sagen.

Wallfahren ist noch etwas: das Erleben von Gastfreundschaft. Wenn rund 1700 Pilger in die Übernachtungsort in um um Vilsheim und Neumarkt-St.Veit "einfallen", praktizieren die Quartiergeber dort echte Nächstenliebe. Von solcher kann man durchaus sprechen, wenn einzelne Bauernhöfe bis zu 20 oder mehr Pilger aufnehmen, ihre privaten Schlafzimmer räumen und die müden und hungrigen Gäste bewirten und umsorgen. "Heute Abend gibt es bei uns Nudelsuppe und warmen Leberkäs" – schon tagsüber freuen sich Wallfahrer mit einem Stammquartier auf das traditionelle "Pilgeressen" dort. Manche finden schon seit Jahrzehnten ihr Nachtquartier bei der gleichen Familie, haben schon zwei Generationen aufwachsen sehen und werden jedes Jahr aufs Neue als Freunde aufgenommen.

"Der Weg ist das Ziel." Mit diesem Bewusstsein sind viele Wallfahrer unterwegs. Trotzdem ist zweifellos das örtliche Ziel, nämlich Altötting, der ersehnte Höhepunkt der Wallfahrt. Mit nichts vergleichbar ist das Gefühl, endlich am Ziel zu sein, der unbändige Stolz, diese Mammutstrecke geschafft zu haben, und die Freude, dieser besonderen Pilgergemeinschaft anzugehören. Dass beim Einzug in Altötting und dem festlichen Gottesdienst in der Basilika viele Tränen der Rührung fließen, war heuer deshalb nicht anders als in den letzten 48 Jahren der Fußwallfahrt – und zählt mit zu den tiefsten und nachhaltigsten Eindrücken, die ein solches Wallfahrtswochenende hinterlässt.

 

Von Katrin Rebl